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Blog Calm Session

camis.dog - Verena Köppen, 20.12.2023

Calm Session – oder wie man lernt Pausen zu machen

Kennt ihr das?

Diese tiefen Seufzer eurer Hunde, wenn sie es bequem haben, sich entspannen, genüsslich auf die Seite drehen und die Welt gerade einfach sein lassen, so wie sie ist?

Wenn gerade mal alles egal ist, was um sie rum passiert?

Oder wenn sie sich so ein wenig recken und strecken, ihre Füsse über ihre Nase legen oder sich mal auf den Rücken drehen und alle viere von sich in die Luft strecken.

Ich liebe diese Momente, ich liebe es, sie dabei zu beobachten. "Jetzt würde ich gern mit euch tauschen", habe ich früher oft gedacht.

Warum ist das so?

Warum können wir Menschen uns zu selten diese kurzen Pausen gönnen? Oder warum denken wir, wir können oder dürfen das nicht? Ist es das schlechte Gewissen? Vergleiche ich mich mit anderen? Du kannst dich doch jetzt nicht hinlegen?

Die Antwort: Doch, wir können, dürfen und sollen es sogar tun! Es tut auch uns Menschen gut.

"Mmh…", denken jetzt sicher einige, "das sagt sich so leicht."

Klar, es gibt für uns Menschen auch Momente, da kann man keine Pause machen, da müssen Termine wahrgenommen werden. Es gibt Dinge, die nicht verschoben werden können, aber ich weiss, meine Hunde sind da und ich freue mich auf zu Hause, ich werde wieder bei ihnen sein und dieses entspannte Seufzen hören, um mir und uns diese "Entspannungszeit" zu schaffen. In der Human Psychologie hat es sogar einen Namen, man nennt es das Premack Prinzip.

Es liegt vielleicht auch daran, wie wir erzogen wurden, an der Gesellschaft oder an "Glaubensätzen" die uns geprägt haben, aber wir können etwas dagegen tun.

Wir haben die besten Vorbilder bei uns, unsere Hunde.

Letztens durfte ich an einem Webinar von der grossartigen Turid Rugaas teilnehmen. Es war eins von diesen monatlichen Webinaren des Nordic Education Centers for Ethical Dogtraining welches von Lisbeth Borg de Waard gegründet wurde. Ich bin so dankbar, ein Teil dieser C.A.R.E. Community zu sein, um von dem immensen Wissen der Trainer von über 60 Jahren Zusammenleben mit Hunden profitieren zu dürfen.

Das Webinar handelte von "Calm Session" – "ruhige Sitzung" einfach übersetzt und bei Turid oder wenn man es von ihr so hört, klingt es auch einfach bzw. ist es eigentlich auch, wenn wir uns auf unsere Hunde einlassen und wissen wie sie ticken.

Ich habe Lisbeth und Turid offiziell gefragt, ob ich ihr Webinar nutzen darf, um es auf Deutsch zu übersetzen und sie waren begeistert von der Idee.

Ich habe die Übersetzung für "Calm session" etwas freier gewählt und nenne es "ruhiges Beisammensein" oder "ruhige Pausen", mit der Blickrichtung auf die soziale Verbindung zu unseren Hunden.

Calm session – Ruhiges Beisammensein von Turid Rugaas

Wenn du Besuch empfängst oder jemanden besuchst – setzt euch alle schnell hin und der Hund wird das Gleiche tun.


Wenn dein Hund gestresst ist oder sich scheinbar nicht entspannen kann, kann das verschiedene Gründe haben, oft liegt es daran, dass wir selbst gestresst herumlaufen.

Was du als Vorbild für deinen Hund tust, wird Einfluss auf deinen Hund haben. Wenn du ruhig bist, beruhigt sich auch dein Hund.

Wenn du dich hinsetzt, legt sich auch dein Hund hin ohne einen einzigen Befehl oder ein einziges Signal oder irgendetwas, setz dich einfach hin oder lege dich hin.

Aktivitäten

Der Hund ist durch zu lange Spaziergänge, zu viele Aktivitäten, zu viel Laufen und Jagen oder andere Dinge, die ihn belasten, gestresst.

Gerade bei jungen Hunden müssen wir die Aktivität oft auf ein Minimum reduzieren.

Wenn ein Hund übermüdet ist, wird er wie ein übermüdetes Kind und kann nicht schlafen. Weniger Aktivitäten und mehr Schlaf sind dann die Lösung.

 

Schmerzen

Und ein weiterer Grund für Unruhe können Schmerzen sein. Wenn ein solcher Verdacht besteht, benötigt er medizinische Hilfe. Schmerzen sind der häufigste Grund für Verhaltensprobleme.

 

Erlerntes Verhalten

Ein weiterer sehr häufiger Grund ist, dass Verhalten erlernt wurde, ob nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt.

Wenn du dem Hund jedes Mal, wenn er darum bittet, Aufmerksamkeit schenkst durch Streicheln, Kekse geben, mit ihm rausgehst, usw. lernt er weiterzumachen.

Versuche, in dem Moment keine Aufmerksamkeit zu schenken. Stelle aber vorher sicher, dass er nicht rausgehen muss oder hungrig ist. Das geht ja einfach zu prüfen, wenn er gerade gefressen hat oder ihr draussen gewesen seid.

Dann setze dich einfach hin oder lege dich auf dein Sofa.

Mache das ruhig ohne Befehle, ohne gereizt oder wütend zu werden, ohne Kekse oder Lockmittel und sei eine angenehme Gesellschaft für deinen Hund.

Sage nichts, versuche es eine Stunde lang, um zu sehen, ob DU es kannst (am besten mit einem Buch, deinem Handy oder fange an zu stricken).

An einem ruhigen Ort im Freien, in der Welpenklasse oder in anderen Gruppen kann es sein, dass der Hund anfangs unruhig ist oder versucht, um Aufmerksamkeit oder um Futter zu betteln, oder auf Tische, auf Stühle oder auf dich zu springen.

Bleibe ruhig und hartnäckig, schenke ihm keine Aufmerksamkeit – er wird am Ende aufgeben.


Du kannst ihm auch das Handzeichen geben, kein Kommando, keine Aufmerksamkeit, nur das Handsignal und tue sonst einfach nichts.

Übe es auf Spaziergängen, mach Pausen auf einer Bank, bleib ruhig, sage nichts, warte ab.

Mache Pausen auf sozialen Spaziergängen, wenn du Besuch hast oder als Lektion deiner Praxis Klasse als Trainer.


Wenn dich aus einem bestimmten Grund bewegen musst, verwende das Handzeichen, dann stehe langsam auf und bewege dich langsam weiter.

Da der Hund bei dir, in deiner Nähe ist, geht es ihm gut, wenn du nicht ständig mit ihm sprichst oder ihn streichelst.

Für einen Hund ist es am wichtigsten, bei dir zu sein, du ihn nicht ständig ansprichst, weil er dann das Gefühl hat etwas tun zu müssen. Hunde müssen zur Ruhe kommen dürfen, genau wie wir.

Gute Gewohnheiten

Wir brauchen einen Hund mit guten Gewohnheiten im täglichen Leben.

Wir bringen ihnen im Laufe ihres Erwachsenwerdens einige gute Manieren / Gewohnheiten bei – und bringen ihnen bei, sich ohne viele Befehle zu verhalten, wie zum Beispiel, sich zu beruhigen, wenn wir uns hinsetzen.

Nimm dem Hund die Möglichkeit, etwas Falsches zu tun!

- Turid Rugaas -

Nimm ihn an die Leine, wenn es nötig ist und er es sonst nicht alleine schafft. Bleibe ruhig, ohne Hektik, unterstütze ihn.

Beginne mit dem Hund an der lockeren Leine, ohne Befehle, ohne Aufmerksamkeit, er wird sich neben dir beruhigen. Später wird er dasselbe tun, wenn du dich hinsetzt oder stehen bleibst, es ist zur Gewohnheit geworden.

Er könnte sitzen oder liegen – am Ende liegt er, ohne Befehle oder locken. Wenn Hunde es alleine machen, lernt er, es bleibt für immer und wird zur Gewohnheit.

Das Rezept (in Kurzform):

  1. Setz dich
  2. Keine Aufmerksamkeit
  3. Warten
  4. Wenn der Hund liegt, keine Belohnung

      (Kekse würden in dem Moment stören bzw. den Hund wieder ablenken, von dem was er tun soll)

  • nach jedem Mal, wenn du etwas mit dem Hund gemacht hast:

      du bist spazieren gegangen, hast ihn gefüttert, Suchspiele gemacht, Wildspuren verfolgt, usw. verlange in den nächsten 2-3 Stunden nichts von ihm

    • Wenn er lernen soll, ruhig und entspannt zu sein, musst du ihm die Möglichkeit geben, nicht ständig mit Aktivitäten zu rechnen
    • Deshalb sind Hunde oft gestresst und unruhig

    • Kein Streicheln, keine Keksis, nichts, dass wird alles das Gefühl stören, sich zu beruhigen.
    • Gemeinsam mit dir die Ruhe zu spüren, wird das Beste von allem sein
    • Gebe ihm das schöne Gefühl der Entspannung, das ist für den Hund die beste Belohnung überhaupt
    • Gehe mit ihm spazieren, danach passiert die nächsten Stunden nichts, keine weitere Aktivität
    • Fördere ein wenig Aktivität mit ihm und dann wieder eine Pause für die nächsten Stunden
    • Bringe DIR bei, dem Hund seine Zeit für Ruhe und ohne ständige Störungen zu gönnen, dir würde es auch nicht gefallen, wenn dich ständig jemand stört
    • Das Leben sollte ein Gleichgewicht aus geistiger Stimulation, körperlicher Bewegung, Aufgaben und Freizeit sein, wir brauchen es und unsre Hunde auch
    • Dadurch wird er ständig weniger aufmerksam und angespannt sein
    • Die Frustration darüber, dass er sich nie entspannen darf, wird ihm genommen, das ist förderlich für seine geistige Gesundheit
    • Eines der wichtigsten Dinge, das du für deinen Hund tun kannst, ist, ihm beizubringen, dass er sich entspannen darf, und nicht, ihm Entspannung zu befehlen – was keine richtige Entspannung ist
    • Er kann bei dir sein oder an den Ort seiner Wahl gehen, es liegt ganz beim Hund, mische dich nicht ein, er möchte normalerweise dort sein, wo er sich in dem Moment am wohlsten fühlt

      Calm Sessions sollten ernst genommen werden,

      es ist das Wichtigste, was ich meinen Hunden je beigebracht habe!

      - Turid Rugaas -

      Lerne, mit anderen Hunden und Menschen sozial Umzugehen, nimm dir Zeit, um gemeinsam ruhig zu sein.

      Beginne jede Begegnung ruhig und beende sie ruhig.

      Daran werden die Hunde sich erinnern.


      Der Effekt, nichts tun zu müssen, ist enorm.


      Um ein guter Trainer zu sein, muss man wissen, wie man es macht.

      Übung im Detail:

      • Nehme dir jeden Tag die Zeit, nichts zu tun, wenn ein Hund anwesend ist. Wenn du dich bewegen musst, verwende zuerst das Handzeichen und bewege dich dann langsam


      • Nicht anschauen, reden, Leckerchen geben, einfach nur lesen, fernsehen, Kartoffeln schälen, ein Lied singen, stricken usw.


      • DU musst üben, um es schaffen zu können, denn es ist die schwierigste Übung, die Menschen machen können, und du wirst sie vielleicht eines Tages brauchen


      • Sei ruhig und bedacht, setze dich hin, um es zu verdeutlichen, das ist Teil der Art und Weise, wie Hunde sprechen – und sie werden es verstehen


      • WIR müssen üben, es bewusst zu tun, im Umgang mit nervösen Hunden, mit Hunden in der Verteidigung, mit gestressten Hunden, um ihnen das Gefühl von Vertrauen zu geben


      • Es gibt dir Selbstvertrauen im Umgang mit sehr schwierigen und dramatischen Situationen, also übe!


      • Nichtstun und langsames Handeln ist in allen Kulturen eine kraftvolle Kommunikation


      • In Afrika, in Norwegen, überall... drinnen wie draussen und in allen möglichen Situationen: Hinsetzen, Stillstehen ist eine klare Nachricht

      Also: Setz dich! Mein bester Trainingstipp!

      - Turid Rugaas -

      Toll oder?

      Es kann so einfach sein, nur wir Menschen "verkomplizieren" es oft.

       

      Nach diesem Rezept leben mein Mann und ich mit unseren Hunden, es ist erholsam für sie, erholsam für mich, erholsam für uns alle. Es überträgt sich sogar auch auf unsere Katzen (hier kam Nalani dazu als ich mit den Hunden im Garten auf der Wiese lag).

      Ich trainiere keine Entspannungssignale, dass Einzigste, was wir bei Caja in ihren jungen Jahren angewendet hatten, auch weil ich zu der Zeit noch nicht das Wissen und die Erfahrung hatte, wie ich es jetzt habe, war die Hausleine mit ihrem Hausgeschirr, als sie schlecht zur Ruhe finden konnte.

      Es brauchte sehr wenig Wiederholungen, alles in einem freundlichen Umgang, in ruhiger Atmosphäre UND weil wir uns zusammen mit ihr hingesetzt haben.

      Nach kurzer Zeit brauchte ich nur die Leine oder das Geschirr zu zeigen und sie legte sich hin, auf den Platz, den sie in dem Moment am Liebsten hatte. Wir haben extra keinen festen Platz gewählt, sondern sie sollte in der Situation die Möglichkeit haben zu entscheiden, wo sie am besten Ruhe findet. Das hatte auch den Vorteil, dass sie an keine Decke, Körbchen oder ähnliches gebunden ist.

      Man kann es auch als konditioniertes Entspannungssignal sehen, ja, aber ich gab ihr keinen Platz vor, ich liess sie entscheiden, wo sie liegen möchte und heute braucht sie es nicht mehr, es ist zur Gewohnheit geworden.

      Sie nahm unser Angebot auch dankend an, man sah es immer an ihrer Reaktion. Das ist der Unterschied.

      Was die Hausleine ist und wie man mit ihr arbeitet, kann man auf der Facebook Seite der tschigi-school nachlesen.

      Wir wenden täglich, wann und wo es nur geht, unsere Pausenzeiten an, z.B., wenn wir ruhig auf der Terrasse sitzen, sitzen oder liegen sie ruhig auf der Wiese. Auch unterwegs auf unseren Spaziergängen (Milo mit mir an unserem "Pausenbaum").

      Wenn wir sie nur raus in den eingezäunten Garten lassen, sind sie meist im "Bewachen-Modus", sie können zwar auch ruhig liegen, aber nicht so entspannt als wenn wir dabei sind.

      Wenn ich von der Arbeit komme, gibt es Futter. Danach wird eine ruhige Zeit miteinander verbracht. Ich meist auf dem Sofa, die Hunde liegen auf einem ihrer vielen Liegemöglichkeiten in der Wohnung, sie dürfen frei wählen.


      Also, beginne den Fokus auf Ruhe, Zeit nehmen, Entspannung und Erholung zu legen und lass es wichtig werden in deinem Leben und im Leben deines Hundes - seid entspannt miteinander, atmet durch, auch auf Spaziergängen.

      Halte es einfach, einfach ist nicht kompliziert, es ist leicht umzusetzen und du wirst schnell die ersten Veränderungen bemerken.

      Fellige Grüsse

      Verena

      KIS - keep it simple

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